Seit nunmehr zwei Jahren beschäftigen die gestörten Lieferketten nun viele Online-Händler:innen. Ausgehend von dem Ausbruch der Pandemie und den damit einhergehenden Nachfrageschocks sowie der zwischenzeitlichen Schließung vieler der weltweit größten Containerhäfen, wurde die fehlende Robustheit der globalen Lieferketten auf schmerzhafte Weise aufgezeigt. Weiterhin sorgte die Verstopfung des Suezkanals und der steigende Mangel vieler Fachkräfte in der globalen Logistikbranche für zusätzlichen Druck. In den letzten Monaten war dann eine leichte Entspannung spürbar. Durch den Ukraine-Krieg und einen erneuten Lockdown in Chinas größter Wirtschaftsmetropole Shanghai, droht jetzt eine erneute Verschärfung der Situation.
Ukraine-Krieg und Shanghai Lockdown bereiten Online-Händler:innen Sorgen
Laut einer Umfragedes Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (bevh) unter Mitgliedern sehen sich 62 % der Befragten im Zuge des Ukraine-Kriegs aktuell stark steigenden Energiekosten und deutlich steigenden Einkaufspreisen ausgesetzt. Weitere 34 % geben an, dass sowohl Abnehmer:innen als auch Aufträge durch die entstandenen Lieferkettenprobleme wegbrechen. Dennoch herrscht laut der Umfrage unter den Online-Händler:innen große Unterstützung für die erhobenen Sanktionen.
Auch wenn sich anfängliche Umsatzrückgänge langsam wieder erholen, bleibt die Situation angespannt. In einigen Kategorien kam es in den ersten Wochen des Krieges durch steigende Unsicherheiten jedoch auch zu starken Nachfrage-Anstiegen. Laut Idealo-CEO Malte Landwehr stieg die Nachfrage bei Idealo nach Gas-Flaschen um 90 %, nach Stromgeneratoren um 100 %, nach Solar-Energie-Systeme um 400 % und nach Benzinkanister sogar um 500 %.
Weitere Sorgen machen Meldungen aus China: Seit Wochen entwickelt sich Shanghai zum Corona-Hotspot des Landes. Worauf anfangs mit kurzzeitigen, auf einige Wohnblocks begrenzte Lockdowns reagiert wurde, folgen nun deutlich verschärfte Maßnahmen, die auch für den Welthandel nicht folgenlos bleiben werden. In Anbetracht weiterhin steigender Fallzahlen in der Stadt mit dem weltweit größten Containerhafen wurde Ende März ein stadtweiter Lockdown verhängt, den man eigentlich lange glaubte vermeiden zu können. Viele Fabrikarbeiter:innen, LKW-Fahrer:innen und Hafenmitarbeiter:innen können ihre Arbeit nicht antreten, die Produktion wurde in vielen Betrieben reduziert oder sogar stillgelegt. Es scheint also, als würden die globalen Lieferketten einem erneuten Stresstest unterzogen werden. Die tatsächlichen Auswirkungen werden hier wohl erst in einigen Wochen zu spüren sein.
Sind die Unternehmen nun besser vorbereitet?
Durch die Erfahrungen in der Pandemie haben sich viele Unternehmen und Online-Händler:innen vorgenommen, ihre Lieferketten umzubauen und robuster zu gestalten. Leere Regale und durch Lieferengpässe verpasste Umsätze sollten sich nicht wiederholen. Zu den angestrebten Maßnahmen gehörten typischerweise die Diversifizierung der Zulieferer, ein Unterfangen, was sich jedoch insbesondere für KMU’s als kompliziert und aufwendig umzusetzen erweist. Auch das Erhöhen der Lagerbestände, eine Maßnahme, die relativ einfach umzusetzen ist, jedoch nur kurzfristige Entspannung verspricht, war und ist hier ein oft gewähltes Mittel. Dieser durch die Erfahrungen der Pandemie von vielen Unternehmen anvisierte Umbau der Lieferketten, zeigt die Verschiebung weg von der Optimierung rein auf Rentabilität hin zu einer höheren Gewichtung der Versorgungssicherheit und dem in Kauf nehmen von damit einhergehenden steigenden Kosten.
Dabei zeigt jedoch eine McKinsey-Befragung von Einkaufsverantwortlichen, dass es zu großen Abweichungen von den in 2020 geplanten und in den letzten 12 Monaten tatsächlich umgesetzten Maßnahmen kommt. So gaben 2020 93 % der Befragten an, ihre Supply Chain künftig resilienter und flexibler gestalten zu wollen. Das Ergebnis einer erneuten Befragung in 2021 zeigte, dass zwar 92 % der Befragten ihre Lieferketten angepasst haben, jedoch meist nicht so, wie ursprünglich geplant. Beliebteste Maßnahme hierbei war das Erhöhen der Lagerbestände. Wenig umgesetzt wurde der Ausbau der Lieferantenbasis oder eine Rückholung der Produktion ins nahegelegene Ausland. Es scheint also, als wurden bei vielen Unternehmen tiefergehende Umstellungen der Lieferkette (noch) nicht vorgenommen und es wird bislang auf eher weniger nachhaltige Anpassungen gesetzt.
Vorerst kein Zurück zur “alten Normalität”
Der aktuell wieder steigende Druck auf die Lieferketten wird also zur nächsten Belastungsprobe für viele Online-Händler:innen und es scheint als gäbe es aktuell noch keine Rückkehr zur “alten Normalität”. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Lage schnellstmöglich wieder entspannt und die von den Unternehmen aufgebauten Lagerbestände ausreichen, um die aktuellen Disruptionen in der globalen Lieferkette auffangen zu können.
Jaska ist Junior Product Analyst bei Billbee. Er kennt die tagtäglichen Anliegen unserer Kund:innen und bringt diese für seine Aufgaben im Product-Team mit ein, um Billbee als Produkt für unsere Nutzer:innen stets zu optimieren. Als begeisterter E-Commerce Fan verfolgt er stets die aktuellen Entwicklungen rund um Marktplätze, Shops und Co.